Erfahrt mehr darüber wie wir plastikfrei geworden sind
Vesper in buntem Plastik verpackt, Lockmittel für die Kinder
In den letzten Jahren fiel uns eine Veränderung in der Vesperbox der Kinder auf. Sie brachten immer häufiger Joghurt in
sogenannten Quetschies verpackt mit, kleine Käsestückchen, die einzeln bunt eingeschweißt sind oder Müsliriegel in bunter
Verpackung. Die Vesperbrote wurden zum Teil in Alufolie gewickelt und die Trinkjoghurts wurden immer häufiger in
bunten Plastiktuben mitgegeben. Wir sahen diese Verpackungen als Lockmittel für die Kinder und allesamt steckten diese
Lebensmittel in Plastik.
Es hat uns zunehmend geärgert, diese unnützen Verpackungen im vermeintlich „Gesunden Vesper“ unserer
Kindergartenkinder zu sehen.
Bei Elternabenden und Entwicklungsgesprächen kamen wir immer wieder ins Gespräch und versuchten, das Thema
Plastikmüll präsent zu machen. Doch meistens blieben unsere Gespräche leider ohne anhaltenden Erfolg.
Plastikgegenstände in unserer Einrichtung
Wir fingen an zu schauen, was wir auf unserem Kindergartengelände an Plastikgegenständen haben, was wir an
Plastiksachen nutzen, die vielleicht austauschbar wären. Wasserkanister, Sitzmatten, Aufbewahrungsboxen, unser
Zählwürfel, Sandeleimer und Förmchen, Malunterlagen, Abdeckplanen, Vesperboxen und Regenbekleidung……. vielmehr
war es tatsächlich im ersten Moment nicht. Wir fanden vorwiegend Dinge, die mit relativ geringem Aufwand vermieden
werden, beziehungsweise ausgetauscht werden könnten, dachten wir schließlich.
Wir wollten aktiv werden
Schließlich erfuhren wir 2018 von dem Aufruf durch den Waldkindergarten–Landesverband Baden–Württemberg, dass es
einen neuen Weg für Waldkindergärten gibt: Das Zertifikat für plastikfreie Kindergärten: „Auf dem Weg zum
plastikfreien Kindergarten“ mit der dazugehörigen Fortbildung. Wir sprachen im Team über diese Möglichkeit und waren
uns sofort im Klaren darüber, dass wir aktiv dazu beitragen wollen, weniger Plastik in unserer Einrichtung zu benutzen
und diesen Weg gehen müssen, wenn wir nachhaltig wirklich etwas erreichen wollen. Uns wurde auch klar, dass wir bei uns
selbst beginnen müssen, um als Vorbilder zu wirken, um für die Zukunft unserer Kinder etwas zu verändern …..
und zwar mit Taten, und zwar jetzt !!! Unser großer Wunsch, plastikfrei zu werden, setzte sich in unseren Köpfen fest
Unsere Kindergarteneltern wurden ins Boot geholt
Nachdem uns als Team bewusst war, dass wir auf Dauer nur etwas im Kindergarten bewirken können, wenn wir das Thema
„Plastikfrei“ in unserem Konzept verankern, wurden wir aktiv. Es folgten erste Gespräche mit unserer Vorstandschaft und
unseren Elternvertreterinnen über unser Vorhaben und dem dringenden Wunsch das Thema sofort anzugehen. Das Thema
„Plastik“ war in dieser Zeit in den Medien bereits so präsent, dass auch unsere Vorstände und Elternvertreterinnen sofort
sehr offen dafür waren, nachhaltig etwas für unsere Einrichtung zu ändern.
Beim Elternabend im September 2019 stellten wir verschiedene Plastikgegenstände wie etwa Sandeleimer… aus dem
Kindergarten und von den Kindern Dinge wie etwa Vesperboxen… zur Schau und erklärten anhand der selben Dinge aus
anderen Materialien, dass wir umdenken wollen und müssen; für die Zukunft unserer Kinder; und wir uns deshalb auf
den Weg zum plastikfreien Kindergarten machen wollen. Wir stellten die Möglichkeit vor, ein entsprechendes Zertifikat
bekommen zu können und machten den Eltern klar, dass wir ihre Unterstützung hierfür brauchen würden. Die Eltern
wurden eingeladen, Ideen zu sammeln, um auch deren Bedürfnissen und Wünschen gerecht zu werden. Und nach dem
Elternabend trafen sich zusätzlich die Elternvertreterinnen zu einer Sitzung bezüglich des Vorhabens, um weitere Ideen
einzubringen und um den Umstellungsprozess aktiv von seitens der Eltern mitzugestalten. So entstand eine lange Liste
an Dingen, die wir nach Prioritäten angehen und abarbeiten wollten.
Gemeinsam in eine gesündere Zukunft zum Wohle unserer Erde und aller Lebewesen zu blicken, ist seither unser Ziel.
Erste Vorbereitungen und Veränderungen
Einige Eltern haben nach dem Elternabend sehr bald darauf geachtet, ihren Kindern ein „gesundes“ Vesper vorzubereiten,
welches weniger Müll enthält. Ziemlich schnell wurden keine belegten Brote mehr in Alufolie gewickelt. Und auch die
Quetschies wurden rapide weniger. In den Teamsitzungen sammelten wir Ideen zur Projektgestaltung mit den Kindern, um
im Januar 2020 damit beginnen zu können. Wir machten uns auf die Suche nach Kinder– und Fachbüchern, um uns
genauer in das Thema einzulesen.
Im November 2019 besuchten wir zu dritt (2 Teammitglieder + 1 Vorstand) die Fortbildung: „Auf dem Weg zum
plastikfreien Kindergarten“ in Tauberbischofsheim, bei der wir einiges an Handwerkszeug für die Umsetzung der
Umstellung an die Hand bekamen. Wir erkannten bei der Fortbildung auch, dass wir bereits seit der Eröffnung des See–
und Waldkindergartens im Jahr 2008 auf einem guten Weg sind und gar nicht allzu viel umzustellen haben. Zudem
nahmen wir viele Tipps und Ideen mit und bekamen z.B. Adressen von plastikfreien Buddelhosenherstellern
Projektbeginn mit den Kindern
Im Januar 2020 begannen wir mit dem Projekt: Auf dem Weg zum plastikfreien Kindergarten.
Als Geschichte für die Heranführung mit den Kindern entschieden wir uns für das Bilderbuch: „Plastian, der kleine Fisch“.
In dieser Geschichte geht es um 2 Kinder, die die Weltmeere entdecken und dabei auf sehr viel Plastikmüll stoßen. Und es
geht um einen kleinen Fisch, der sehr unter dem Plastikmüll zu leiden hat. Es ist ein Bilderbuch, das sehr gut im Vergleich
mit dem Bodensee betrachten werden kann.
Vesperdosen–Müll
In Verbindung mit dem Bilderbuch fingen wir an, mit den Kindern den täglichen Plastikmüll aus ihren Vesperdosen zu
sammeln. Hierfür stellten wir eine Müllbox aus Holz zum täglichen gemeinsamen Vespern bereit. Tatsächlich hatten die
Kinder nach kurzer Zeit nur noch sehr vereinzelt in Plastik verpackte Müsliriegel dabei. Quetschies und Trinkjoghurts in
Plastikbehältern sind schon nach kurzer Zeit ganz verschwunden.
Kompostbeobachtung
Um den Kindern zu demonstrieren, was auf der Erde mit dem Plastikmüll und organischem Müll passiert, legten wir ein
kleines Kompostglas an. In dieses Kompostglas legten wir mit den Kindern die verschiedensten Dinge hinein, angefangen
von Gras, Ästen, Moos, Fichtenzapfen, Eicheln über Quetschieverpackungen, Joghurtbechern, Papiertaschentücher,
Feuchttüchern usw. Hier konnten die Kinder immer wieder schauen, ob und was sich mit der Zeit verändert.
Projektkochen
Im Projektkochen stellten wir z.B. Müsliriegel her. Dieser hat den Kindern so lecker geschmeckt, dass es Eltern gibt, die ihre
Müsliriegel seither selbst zubereiten. Sirup von verschiedenen Früchten/Blüten und Salben, wie etwa Spitzwegerichsalbe
gehört seit Kindergartenbeginn zum jährlichen Ritual.
Die Olchies
In der Faschingszeit lasen wir ein Geschichtenbuch der Olchies vor. Das sind kleine grüne Müllfresser, die alles toll finden,
was ganz schlecht für die Umwelt ist. So konnten sich die Kinder für eine kurze Zeit während des Faschings in kleine
Müllfresser verwandeln. Hierzu bekamen sie von uns selbst genähte Verkleidungen. Mit Plastikmüll als Halsketten zogen
wir am Gumpigen Donnerstag schließlich mit den Kindern durch die Straßen.
Ziemlich schnell wurde uns auch bewusst, dass wir aufpassen mussten, uns nicht zu verzetteln, sondern uns einen guten
Plan zurecht legen zu wollen, um einen Schritt nach dem anderen zu tun. Es gibt fast unendlich viele Stellen, an denen wir
drehen und umdenken können und auch müssen, nicht nur im beruflichen Umfeld, sondern auch im privaten Bereich.
Es ging uns inzwischen längst nicht mehr nur darum, unachtsam weggeworfenen Müll aufzusammeln, um der Meinung
zu sein, man tue etwas Gutes für die Umwelt. Es ging bereits darum, die Ursache der Müllproduktion an der Wurzel zu
packen. Dies bedeutete, bereits beim Einkauf auf plastikfreie Verpackungen zu achten und Anregungen zu schaffen, alles
was in Plastik verpackt ist, zu vermeiden. Das wurde eine wahre Herausforderung für unser Vorhaben.
Wir waren bereits mitten im Umdenken……
Dann kam Corona und die Schließung des Kindergartens
Lähmung – Pause – Abwarten
Da ab März 2020 kein „normaler“ Kindergartenalltag mehr möglich war, verschoben wir schließlich alle weiteren Aktionen
auf das neue Kindergartenjahr. Seit des ersten Lockdowns und hin zum neuen Kindergartenjahr im Herbst konzentrierten
wir uns auf die Umstellungsphase aller Materialien des Kindergartenalltags. Ab Oktober starteten wir schließlich erneut mit
dem Bilderbuch von „Plastian, dem kleinen Fisch“ und erarbeiteten alle Themen noch einmal von vorn mit unseren zum Teil
inzwischen neu dazugekommenen Erdenkindern, denn ein neues Kindergartenjahr hatte bereits begonnen.
Es fiel uns nicht leicht, unser Thema: „Auf dem Weg zum plastikfreien Kindergarten“ weiterhin mit unseren
Kindergartenkindern zu thematisieren. Denn die Kinder kamen durch den Teil–Lockdown nun sehr unregelmäßig in den
Kindergarten. Als Projektarbeit war es also nicht wirklich möglich, das Thema weiterzubearbeiten, beziehungsweise
abzuschließen. Als dann der erneute Lockdown im Winter 2020 angekündigt wurde, entschlossen wir uns, einen erneuten
Cut zu machen und zu warten, bis unsere Kinder wieder regelmäßig im Kindergarten sein konnten.
In der Zwischenzeit hatten wir als Team alle Hände voll mit der Dokumentation unseres Vorhabens zu tun. Unsere gesamte
Projektarbeit, die Angebote für die Kinder, unser Umstellungsprozess von Plastik auf Naturmaterialien, Recherchen
bezüglich nachhaltiger und plastikfreier Kleidung, Vesperboxen für die Kinder, Trinkgefäße usw. galt es schriftlich
auszuführen.
Regionales Waldkindergartentreffen im See– und Waldkindergarten
Am 26. September 2020 fand auf dem Gelände des See– und Waldkindergartens das „Regionale Waldkindergartentreffen“
statt. Dieses Treffen wird 2x im Jahr jeweils in und von einem anderen Waldkindergarten geplant und druchgeführt.
Inzwischen nehmen 30 Waldkindergärten mit bis zu 50 Teilnehmer/innen des Bodenseekreises an den Samstagen teil.
Diese Treffen sind für uns sehr wichtige Begegnungen mit „Gleichgesinnten“. An diesem Tag stellten wir unser
Einrichtungskonzept vor und das Vorhaben „Plastikfrei“ zu werden. Als Referentin wurde Frau Ingrid Miklitz, die
Vorständin des Waldkindergartenlandesverband Baden–Württemberg eingeladen, um über die Möglichkeit der
Zertifizierung: „Auf dem Weg zum plastikfreien Kindergarten“ zu berichten.
Schaufenstergeschichte
Während der Seezeit gestalteten wir die Geschichte von Plastian, dem kleinen Fisch als Schaufenstergeschichte. Wir durften
für 7 Wochen ein großes Fenster des Architekturbüros von Michael Resch mitten im Zentrum von Langenargen in eine
Unterwasserwelt verwandeln. Somit konnten wir mit unserem Anliegen an die Öffentlichkeit gehen und die
Aufmerksamkeit der Bevölkerung gewinnen. Als Anreiz, sich die Geschichte etwas genauer anzuschauen, gab es ein Quiz
für Groß und Klein mit anschließender Quizziehung durch die Kindergartenkinder.
Zu gewinnen gab es das Bilderbuch von Plastian, dem kleinen Fisch, unser selbst gestaltetes Drecksäckle sowie
Samensäckchen mit den dazugehörigen Tontöpfchen.
Drecksäckle
Wir suchten nach etwas Einfachem, um alle BürgerInnen auf unsere Müllsituation, bosonders am Bodenseeufer,
aufmerksam machen zu können. So kam uns schließlich die Idee der Gestaltung von sogenannten „Drecksäckle“, eine
Tasche, die überall mitgenommen werden kann, um den Müll darin zu sammeln. Zudem wollten wir die Bevölkerung mit
unserem vorhaben auf unsere schlimme Wegwerf–Situation aufmerksam machen und zum Nachdenken anregen.
Schließlich gingen wir mit unseren Erdenkindern und Eltern in die Produktion.